Literarische Texte – Prosa“Pannekoken Paula”

Pannekoken Paula   (vön Rudolf Averbeck)

Pfannkuchen Paula  (von Rudolf Averbeck)

Se hadden up ‘n Eikenstamm siäten, ächter sick de graute Sage, vüör sick Potthoffs Niendüör met dat junge Volk ut ‘e ganze Buerschupp up de Diäle, un de Musik vön Bossen Terro met sienen Trecksack wäör no’ nie so schön wesst äs bie düssen Danz in ‘n Mai.

Sie hatten auf einem Eichenstamm gesessen, hinter sich die große Säge, vor sich Potthoffs große Dielentür mit dem ganzen jungen Volk aus der ganzen Bauerschaft auf der Diele, und die Musik von Theo Bosse mit seinem Schifferklavier war noch nie so schön gewesen wie bei diesem Tanz in den Mai.

Se hadden ’ne ganze Tiet siäten. Paulas Haor hadde wat in ‘n Wind weihet, ganz hell, baole witt. Dann hadde Franz säggt: „Jau, dat Liäben.“ Un nao ’ne ganze Tiet: „Waodrüm geiht ‘t eegentlick? Sien Utkuemmen häbben, ’ne guede Frau, ’n Tropp Blagen.“ Dann hadde he iähr denn Kopp todreihet, un se wäör puterraut wuern in ‘t Gesicht. Un langsam hadde he met siene buorssige Hand iähre Hand griëpen. „Jau“, flüsterde se leise vüör sick hen, „un Glück, ’n lück Glück in düt Liäben, Franz.“ Se hadde verstuohlen up denn kleinen Blomenstruuk in iähre Hand kiëken, un iähre blauen Augen hadden löchtet.

Sie hatten längere Zeit gesessen. Paulas Haar hatte etwas im Wind geweht, ganz hell, fast weiß. Dann hatte Franz gesagt: „Ja, das Leben.“ Und nach einer längeren Pause: „Worum geht es eigentlich? Sein Auskommen haben, eine gute Frau, eine Schar Kinder.“ Dann hatte er ihr den Kopf zugedreht, und sie war puterrot geworden im Gesicht. Und langsam hatte er mit seiner schwieligen Hand ihre Hand ergriffen. „Jau“, flüsterte sie leise vor sich hin, „und Glück, ein wenig Glück in diesem Leben, Franz.“ Sie hatte verstohlen auf den kleinen Blumenstrauß in ihrer Hand geschaut, und ihre blauen Augen hatten geleuchtet.

So tüschken Saiën un Maihen is Franz vön Paulas Vadder, denn ollen Kamphues Willi, to ‘t Kaffeedrinken inlad’ wuern. Kamphues’ Liesbeth häff gueden Bauhnenkaffee kuoket un Bottercremetorte updischket. De ganzen Süsters vön Paula häbbt an ‘n Dischke siäten, Paula met rauden Kopp, de annern an ‘t tiëpken un lachen.

So zwischen Säen und Mähen ist Franz von Paulas Vater, dem alten Willi Kamphues, zum Kaffeetrinken eingeladen worden. Liesbeth Kamphues hat guten Bohnenkaffee gekocht und Buttercremetorte aufgetischt. Alle Schwestern von Paula haben am Tisch gesessen, Paula mit rotem Kopf, die anderen am necken und lachen.

Franz ist to ‘t Aobendiäten inlad’ wuern.

Franz ist zum Abendessen eingeladen worden.

Dann wäör ‘t sowiet. Kamphues Liesbeth backede Pannekoken un stellde se, met waterige Augen, iewerig up ‘n Dischk. Et gaff Miählpannekoken un Bookweidenpannekoken. Twee verscheidene Saorten Pannekoken? Dat kannde Franz nich.

Dann war es soweit. Liesbeth Kamphues backte Pfannkuchen und stellte sie, mit wässrigen Augen, eifrig auf den Tisch. Es gab Mehlpfannekuchen und Buchweizenpfannekuchen. Zwei verschiedene Sorten Pfannekuchen? Das kannte Franz nicht.

De olle Willi streek sick düör ‘n Baort, dann siä he to Franz: „Et päss alles, un et is mi ‘ne Freide, dat du di eene vön miene Döchters utkiëken häss. Aower“, un he dreihede siene Frau denn Kopp to, „de Pannekoken“, un he stönn up maol ganz dicht vüör Franz, „de Pannekoken, de wärd’ bie us vön buom runnergiäten.“

Der alte Willi strich sich durch den Bart, dann sagte er zu Franz: „Es passt alles, und es ist mir eine Freude, dass du dir eine von meinen Töchtern ausgeguckt hast. Aber“, und er drehte seiner Frau den Kopf zu, „die Pfannekuchen“, und er stand plötzlich ganz dicht vor Franz, „die Pfannekuchen, die werden bei uns von oben runtergegessen.“

He keek Franz an, un Franz wüss nich, wat ‘e säggen soll. Dat Öllste, Marieken, keek verschiämt up iährn Pannekoken, un Paula konn he nich seihn, wiel dat de Olle sick jüst genau detüschken schüöf.

Er sah Franz an, und Franz wusste nicht, was er sagen sollte. Die älteste, Mariechen, guckte verschämt auf ihren Pfannekuchen, und Paula konnte er nicht sehen, weil der Alte sich gerade genau dazwischen schob.

Met ‘n maol wäör ‘t daudenstill wuern in de graute Buernküeke, un man häörde vüör ‘n Moment nicks äs vön wiet wegg dat Krieschken vön Potthoffs Sage, well düör dicke Eikenstämme düörgönk. Franz moss för ‘n Moment dran denken, dat dat dat Bauholt för denn nieen Buernhoff in de Brookwieschken wäör.

Auf einmal war es totenstill geworden in der großen Bauernküche, und man hörte für einen Moment nichts als von weit weg das Kreischen von Pottfoffs Säge, die durch dicke Eichenstämme durchging.Franz musste für einen Moment daran denken, dass das das Bauholz für den neuen Bauernhof in den Brookwiesen war.

De schwatte Wanduhr met denn Adler buom drupp tickede laut in dat Schwiegen.

Die schwarze Wanduhr mit dem Adler oben drauf tickte laut in das Schweigen.

Liesbeth gaff gau ’n grauten Schleif Pannekokendeeg in ‘e Panne, wendede sick Franz to un siä: „Uese Marieken is doch auk ’n düfftig Wicht.“

Liesbeth gab schnell eine große Kelle Pfannkuchenteig in die Pfanne, wandte sich Franz zu und sagte: „Unser Mariechen ist doch ein ein gutes Mädchen.“

In ‘n Oktober höllde Paula ’n bunt Blomenstrüksken in ‘e Hand, un Marieken, in ‘n witt Bruutkleed, packede iährn Franz faste an ‘e Hand.

Im Oktober hielt Paula ein buntes Blumensträußchen in der Hand, un d Mariechen, im weißen Brautkleid, packte ihren franz fester an der Hand.

Jaohre later kümmp Mariekens Jüngsten bie iähr an. „Tante Paula“, sägg he, un se strick sick dat witte Haor ut ‘t Gesicht, „waorüm sägget de Lüe eegentlick ‚Pannekoken-Paula’ to di? Wiel dat du so guede Pannekoken backen kanns?“ – „Wat dann süss, du olle Üße!“ sägg Paula leise un kick ut ‘t Fenster up ‘n Hoff, wao Franz un sien Öllsten met denn nieen Trecker vüörbieföehrt, „wat dann süss.“ Un se drückt denn Kleinen ganz faste an sick un schluket, tweemaol, dreimaol. Met lürige Augen kick se daobie in ‘n Hoff. „Vüörbieföehrt, vüörbie“, sägg se leise vüör sick hen.

Jahre später kommt Mariechens Jüngster bei ihr an. „Tante Paula“, sagt er, und sie streicht sich das weiße Haar aus dem Gesicht, „warum sagen die Leute eigentlich ‚Pannekoken-Paula‘ zu dir? Weil du so gute Pfannekuchen backen kannst?“ – „Warum denn sonst, du alte Kröte (Anmerkung: Üße ist hier ein Kosewort)!“ sagt Paula leise und guckt aus dem Fenster auf den Hof, wo Franz und sein Ältester mit dem neuen Trecker vorbeifahren, „warum denn sonst.“ Und sie drückt den Kleinen ganz fest an sich und schluckt, zweimal, dreimal. Mit leeren Augen guckt sie dabei auf den Hoff. „Vorbeigefahren, vorbei“, sagt sie leise vor sich hin.

[veröffentlicht in „Dat Mönsterlänner Platt – Lehrbuch, 2007, S. 103-104]