Sachtexte – “Dat Riesenbiëckske Platt … – August Wegmann”

Dat Riesenbiëckske Platt – un waorüm et würklick wat ganz wat Besonderet is     (vön Rudolf Averbeck)

Das Riesenbecker Platt – und warum es wirklich etwas ganz Besonderes ist   (von Rudolf Averbeck)

Jau nicks kiëgen dat Platt in Stemmert. Auk nich kiëgen dat in Detten off dat in Greiben, in Ladbiärgen, Rheine off süsswao in ’t Mönsterland. Näi, et geiht bie Naoheit nich daodrüm, irgendeen Platt runnertesetten.

[Ja] nichts gegen das Platt in Steinfurt. Auch nicht gegen das in Emsdetten oder das in Greven, in Ladbergen, Rheine oder sonstwo im Münsterland. Nein, es geht überhaupt nicht darum, irgendein Platt herabzusetzen.

Dat ännert aower nicks daodran, dat dat Riesenbiëckske Platt, dat dat wat würklick wat ganz wat Besonderet is.

Das ändert aber nichts daran, dass das Riesenbecker Platt, dass das etwas wirklich ganz Besonderes ist.

Waorüm dat so is, dat ligg eenersiets an dat „Deutsche Spracharchiv“ in Mannheim, ännerersiets an denn Max Niemeyer Verlag in Tübingen.

Warum das so ist, das liegt einerseits am „Deutschen Spracharchiv“ in Mannheim, andererseits am Max Niemeyer-Verlag in Tübingen.

Dat „Deutsche Spracharchiv“ is eene Institution, well jaohrteihntelang Tonbandupnahmen vön de dütschke Spraoke makt häff. Üöwerall up de Wiält, wao dütschk spruoken wätt (biespiëlswiese Dialekte, Ümgangsspraoke off eenfacket Olldaggsdütschk), wäör dat „Deutsche Spracharchiv“ tegange. Alleene in de Jaohre tüschken 1955 un 1960 üöwer 5.000 Upnahmen! Daomoss gönk et vör allen Dingen üm de Ostdialekte, un daorüm würden viële Flüchtlinge ut Ostpreußen, Schlesien un so wieder befroggt. De Tonupnahmen würden miästtiet tehuus bie de Spriäker makt, wull, daomit se besonders frie küern konnen. Vön dat „Deutsche Spracharchiv“ wäörn grundsätzlick immer twee Lüe debie, nämmlick een Tontechniker un een Germanist. Up de Wiese soll sicherstellt wärn, dat de Upnahmen technischk un fachlick guet würden. Un de Updragg an denn Spriäker lautede normalerwiese: „Sprechen Sie ungefähr 10 Minuten lang in Ihrem Ortsdialekt über ein Thema Ihrer Wahl.“

Das „Deutsche Spracharchiv“ ist eine Institution, die jahrzehntelang Tonbandaufnahmen der deutschen Sprache hergestellt hat. Überall auf der Welt, wo deutsch gesprochen wird (beispielsweise Dialekte, Umgangssprache oder einfaches Alltagsdeutsch), war das „Deutsche Spracharchiv“ tätig. Alleine in den Jahren zwischen 1955 und 1960 über 5.000 Aufnahmen! Damals ging es vor allen Dingen um die Ostdialekte, und daher wurden viele Flüchtlinge aus Ostpreußen, Schlesien und so weiter befragt. Die Tonaufnahmen wurden meistens zuhause bei den Sprechern gemacht, wohl, damit sie besonders frei sprechen konnten. Vom „Deutschen Spracharchiv“ waren grundsätzlich immer zwei Leute dabei, nämlich ein Tontechniker und ein Germanist. Auf die Weise sollte sichergestellt werden, dass die Aufnahmen technisch und fachlich gut wurden. Und der Auftrag an den Sprecher lautete normalerweise: „Sprechen Sie ungefähr 10 Minuten lang in Ihrem Ortsdialekt über ein Thema Ihrer Wahl.“

Vöndage giff et Tondokumente auk ut jedet Düörpken in ’t Mönsterland, normalerwiese auk mährere. Well sick daoför intresseert, de kann sick vön dat „Institut für Deutsche Sprache“ in Mannheim CDs mit de Upnahmen ut sienen Ort toschicken laoten.

Heute gibt es Tondokumente auch aus jedem Dörfchen im Münsterland, normalerweise auch mehrere. Wer sich dafür interessiert, der kann sich vom „Institut für Deutsche Sprache“ in Mannheim CD’s mit den Aufnahmen aus seinem Ort zuschicken lassen.

Vön Riesenbiëck giff et teihn Upnahmen. Daovön sind veer vön 1957 (Spriäker: Franz Nagelsmann, Josef Wernsmann, Martha Wernsmann, Karola Bertling) un sesse vön 1959 (Spriäker: Bernhard Wegmann, August Wegmann, Agnes Funke, Hedwig Mess, Wilhelm van Ley, August van Ley).

Von Riesenbeck gibt es zehn Aufnahmen. Davon sind vier von 1957 (Sprecher: Franz Nagelsmann, Josef Wernsmann, Martha Wernsmann, Karola Bertling) und sechs von 1959 (Sprecher: Bernhard Wegmann, August Wegmann, Agnes Funke, Hedwig Mess, Wilhelm van Ley, August van Ley).

Hauchintressant is hier vör allen Dingen eene Upnahme ut dat Jaohr 1959, un üöwer de will ick mi nu genauer utlaoten.

Hochinteressant ist hier vor allen Dingen eine Aufnahme aus dem Jahr 1959, und über die will ich mich jetzt genauer auslassen.

Düsse Upnahme würd am 11.06.1959 up denn Hoff Wegmann („Weggm’s Hoff“) in de Riesenbiëcksken Buerschupp Birgte upnuommen. De Tontechniker G. Deutscher baude sien Tonband up, un de Germanist Wolfgang Bethge füörderde August Wegmann, gebuorn 1886 up iäm düssen Hoff, un sienen Broer Bernhard Wegmann, Buer up düssen Hoff, up, teihn Minuten lang üöwer een Thema nao frieër Wahl te küern – up Riesenbiëckske Platt.

Diese Aufnahme wurde am 11.06.1959 auf dem Hof Wegmann („Weggm’s Hoff“) in der Riesenbecker Bauerschaft Birgte aufgenommen. Der Tontechniker G. Deutscher baute sein Tonband auf, und der Germanist Wolfgang Bethge forderte August Wegmann, geboren 1886 auf eben diesem Hof, und seinen Bruder Bernhard Wegmann, Bauer auf diesem Hof, auf, zehn Minuten lang über ein Thema nach freier Wahl zu sprechen – auf Riesenbecker Platt.

Daoruphen küerde August Wegmann knapp niëgen Minuten lang üöwer sienen Scholwegg (tefote!) nao de Rektoratsschole in Ibbenbüren un üöwer sienen Liäbenwegg äs Lährer, vör allen Dingen äs Rektor an de Domknabenschole in Mönster.

Daraufhin sprach August Wegmann knapp neun Minuten lang über seinen Schulweg (zu Fuß!) zur Rektoratsschule in Ibbenbüren und über seinen Lebensweg als Lehrer, vor allen Dingen als Rektor an der Domknabenschule in Münster.

Sien Broer Bernhard vertällde vetteihn Minuten lang üöwer de Updeelung vön de Allgemeinheit; mennt is daomit de Updeelung vön denn Buerschuppsgrund, de bis daohen de Allgemeinheit tohäörde un nu ennzelne Buern todeelt würd (Markenteilung). 1827 – 1837 würden in Birgte de Allgemeinheit un auk dat Biärgpand unner de Buern nao de Grötte vön de Buerien updeelt. De gröttste Buer wäör to de Tiet Schulte Brachtesende (Rohmann),de kreeg 15 Andeele. De twettgröttste wäör Niemes-Buer (Niemann), de kreeg 13 Andeele. De „gewüehnlicken“ Buern kreegen weiniger. Weggm’s Buer biespiëlswiese kreeg 12 Andeele. De Andeele nannde man Toschliäge.

Sein Bruder Bernhard erzählte vierzehn Minuten lang über die Aufteilung der Allgemeinheit; gemeint ist damit die Aufteilung des Bauerschaftsgrundes, der bis dahin der Allgemeinheit gehörte und jetzt einzelnen Bauern zugeteilt wurde (Markenteilung). 1827 – 1837 wurden in Birgte die Allgemeinheit und auch das Bergpand [Bergallgemeinheit] unter den Bauern nach der Größe der Bauereien aufgeteilt. Der größte Bauer war zu der Zeit Schulte Brachtesende (Rohmann), der erhielt 15 Anteile. Der zweitgrößte war Niemes Bauer (Niemann), der erhielt 13 Anteile. Die „gewöhnlichen“ Bauern bekamen weniger. Bauer Wegmann beispielsweise bekam 12 Anteile. Die Anteile nannte man „Toschliäge“.

De Tondokumente giëft eenen herrlicken Inblick in dat olle Platt, wu et fröher in Riesenbiëck küert wurden is. Denn üöwer dat Eene mott man sick in ’n Klaoren sien: vöndage küert auk olle Lüe kinn „lupenreinet“ Platt men, auk iähr Platt häff dütlicke hauchdütschke Infiärbungen.

Die Tondokumente geben einen herrlichen Einblick in das alte Platt, wie es früher in Riesenbeck gesprochen worden ist. Denn über das Eine muss man sich im Klaren sein: heute sprechen auch alte Leute kein „lupenreines“ Platt mehr, auch ihr Platt hat deutliche hochdeutsche Einfärbungen.

Wenn man sick de beiden Weggm’s-Bröers genau anhäört, dann fällt äs iärstet up, dat beide dat Tungen-„r“ küert, so, äs dat fröher üblich wäör, auk in ’t Hauchdütschke. Vöndage is dat ja all baole een Sprechfeihler.

Wenn man sich die beiden Wegmanns-Brüder genau anhört, dann fällt als erstes auf, dass beide das Zungen-„r“ sprechen, so, wie das früher üblich war, auch im Hochdeutschen. Heute ist das ja fast ein Sprachfehler.


Bild 1: Bernhard Wegmann

Bild 2: August Wegmann

Bild 3: Originaltransskription der Tonbandaufnahme von August Wegmann durch Wolfgang Bethge.

Der Text lautet: „Äs ick Achteihnhunnertacht’nniëgenzig nao Ibbenbürn nao de Rektoratsschole hengönk, dao was dat för mi iärste gar nich so eenfach un dat was ’n Glück, dat Stuorcks Tonnius, mien Vetter, dat de daomaols all obbe Oberterzia was, un dat iärste [Jaohr mit mi gaohn is.]

Quellennachweise:

Bild 1: Familie Wegmann, Birgte (Foto: Rudolf Averbeck)
Bild 2: Familie Wegmann, Birgte (Foto: Rudolf Averbeck)
Bild 3: Fotokopie IDS Institut für Deutsche Sprache, Mannheim (Foto: Rudolf Averbeck)


Phonai – Umschrift (Bethge)


Viël intressanter is, dat beide dat olle „s-charpe“ sch un dat „s-pitzke“ sp un st küert. Dat häört man vöndage in Riesenbiëck üöwerhaupt nich men – un auk süsswao in ’t Mönsterland wull nich men. So kann man dann biespiëlswiese Wäörder äs „S-chaop, s-niëde, S-tuom un  s-pinnen“ häörn [un nich, äs vöndage, „Schaop, schniëde, Schtuom un schpinnen“].

Viel interessanter ist, dass beide das alte „s-charpe“ sch und das „s-pitzke“ sp und st sprechen. Das hört man heute in Riesenbeck überhaupt nicht mehr – und auch anderswo im Münsterland wohl nicht mehr. So kann man dann beispielsweise Wörter wie „S-chaop, s-niëde, S-tuom und s-pinnen“ hören [und nicht, wie heute, „Schaop, schniëde, Schtuom und schpinnen“].

Bie beide Bröers fällt auk de för dat Mönsterlänner Platt typischke weeke, reddeweggten sachsinnige Utspraoke up.

Bei beiden Brüdern fällt auch die für das Münsterländer Platt typische weiche, geradezu sanfte Aussprache auf.

Beide bruukt auk Wäörder, well vöndage –up jeden Fall in Riesenbiëck- nich men geläufig sind.

  • wiëst           (= west) [gewesen]
  • hall              (= all) [schon]
  • hätt             (=häbbt) [haben]
  • begreepen    (=begriëpen) [begriffen]
  • verlaip         (= verlöp) [verlief]
  • kaim            (= köm / kammp) [kam]
  • höün Snee    (=haugen Schnee) [hoher Schnee]
  • steewelt       (= stiëwelt) [gestiefelt]
  • wie heet      (= wu hett) [wie heißt]
  • hellske         (= helle) [sehr]
  • binaot          (= benaude) [beklommen]
  • gaif              (= gaff) [gab]
  • Lucht           (= Luft) [Luft]
  • faken           (= oft) [oft]
  • sin               (= bin) [bin]
  • Huusplatz     (=Bauplatz) [Bauplatz]

Beide gebrauchen auch Wörter, die heute -auf jeden Fall in Riesenbeck- nicht mehr geläufig sind.

  • wiëst           (= west) [gewesen]
  • hall              (= all) [schon]
  • hätt             (=häbbt) [haben]
  • begreepen    (=begriëpen) [begriffen]
  • verlaip         (= verlöp) [verlief]
  • kaim            (= köm / kammp) [kam]
  • höün Snee    (=haugen Schnee) [hoher Schnee]
  • steewelt       (= stiëwelt) [gestiefelt]
  • wie heet      (= wu hett) [wie heißt]
  • hellske         (= helle) [sehr]
  • binaot          (= benaude) [beklommen]
  • gaif              (= gaff) [gab]
  • Lucht           (= Luft) [Luft]
  • faken           (= oft) [oft]
  • sin               (= bin) [bin]
  • Huusplatz     (=Bauplatz) [Bauplatz]

Well guet Platt kann, de miärket an Wäörderutwahl un Tonfall, dat August Wegmann in ’n Olldagg normalerwiese off weinigstens viël hauchdütschk küert. Dat miärkt man auk daodran, dat emm an ’n Anfank immer wier hauchdütschke Wäörder detüschkenrutschket, so äs „Eltern“ statt „Öllern“. Daokiëgen dügg mi, dat de hauchdütschken Wäörder bie Bernhard Weggmann tatsächlich gebrücklick wäörn (biespiëlswiese „Allgemeinheit“). Dat August Weggmann aower een plattdüschken Mutterspraokler is, dat is ganz sicher so un dat kann man, naodem he sick „inküert“ häff, auk baole för de restlicke Textlängte guet häörn.

Wer gut Platt kann, der merkt an Wörterauswahl und Tonfall, dass August Wegmann im Alltag normalerweise oder wenigstens viel hochdeutsch spricht. Das merkt man auch daran, dass ihm am Anfang immer wieder hochdeutsche Wörter dazwischenrutschen, so wie „Eltern“ statt „Öllern“. Dagegen scheint mir, dass die hochdeutschen Wörter bei Bernhard Wegmann tatsächlich gebräuchlich waren (beispielsweise „Allgemeinheit“). Dass August Wegmann aber ein plattdeutscher Muttersprachler ist, das ist ganz sicher so und das kann man, nachdem er sich „eingeredet“ hat, auch bald für die restliche Textlänge gut hören.

De Tonbandupnahmen vön beide Weggm’s-Bröers giëft nao miener Meinung eenen ganz üöwerragend gueden Inblick in dat olle Riesenbiëckske Platt, so, äs et ganz fröher küert wurden is.

Die Tonbandaufnahmen der beiden Wegmanns-Brüder geben nach meiner Meinung einen ganz überragend guten Einblick in das alte Riesenbecker Platt, so, wie es ganz früher gesprochen worden ist.

Miene Moher häff beide, Bernhard un August Wegmann, noch kannt. Äs August Pensionär wäör, dao kammp he regelmäötig up Weggm’s Hoff. Dann mök he (bekannt unner denn Namen „Weggm’s Lährer“) gärne lange Spazeergänge düör dat Birgter Feld. Oft föherde he auk mit siene BMW Isetta („Macht hoch die Tür!“) düör de Giëgend. Oft lagg he auk bie de Pastäörs in de ümliggenden Kiärkengemeinden un schreef de Kiärkenböker af. Josef Keller, uese Riesenbiëckske Heimatforscher, häff 2006 in Kleinuplage een Bok veröffentlicht („August Wegmann: Urkunden, Kirchenbücher und Schatzungslisten des ehemaligen Kirchspiels Riesenbeck“), wao iëlke Urkunden, de August Wegmann tesammendruogen un upschriëben häff, tesammenstellt sind.

Meine Mutter hat beide, Bernhard und August Wegmann, noch gekannt. Als August Pensionär war, da kam er regelmäßig auf Wegmanns Hof. Dann machte er (bekannt unter dem Namen „Wegmanns Lehrer“) gerne lange Spaziergänge durch das Birgter Feld. Oft fuhr er auch mit seiner BMW Isetta („Macht hoch die Tür!“) durch die Gegend. Oft lag [hielt] er [sich] auch bei den Pastören der umliegenden Kirchengemeinden [auf] und schrieb die Kirchenbücher ab. Josef Keller, unser Riesenbecker Heimatforscher, hat 2006 in Kleinauflage ein Buch veröffentlicht („August Wegmann: Urkunden, Kirchenbücher und Schatzungslisten des ehemaligen Kirchspiels Riesenbeck“), wo etliche Urkunden, die August Wegmann zusammengetragen und aufgeschrieben hat, zusammengestellt sind.

1969, teihn Jaohr nao de Tonupnahmen up Weggm’s Hoff in Birgte, brachde de Verlag Max Niemeyer, Tübingen, denn eersten Band vön de germanistischke Fachbokriege „Phonai“ rut. Bis vöndage sind 48 Bände rutkuemmen, de lessde in 2006. 48 Bände – dat hett all wat. Inhaltlick geiht et in de Böker üm germanistischke Grundsatzfraogen. Well Germanistik studeert, de kennt düsse Böker (normalerwiese).

1969, zehn Jahre nach den Tonaufnahmen auf dem Hof Wegmann in Birgte, brachte der Verlag Max Niemeyer, Tübingen, den ersten Band der germanistischen Fachbuchreihe „Phonai“ heraus. Bis heute sind 48 Bände erschienen, der letzte 2006. 48 Bände – das heißt schon was. Inhaltlich geht es in den Büchern um germanistische Grundsatzfragen. Wer Germanistik studiert, der kennt diese Bücher (normalerweise).

21 vön de 48 Böker sind Sonderbände mit denn Unnertitel „Monographien“. Düsse Monographien-Bände befasst sick mit utgesochde Tonbandupnahmen vön dat „Deutsche Spracharchiv“. De Tonupnahmen sind in (schwaor liäsbare) phonetischke Schrift üöwerdruogen wurden. Daodrunner steiht eene hauchdütschke Üöwersettung un iëlke Anmiärkungen to denn Text. Vöraff giff et eene utführlicke Inleitung mit Vörbemiärkungen üöwer de Tonbandupnahmen, üöwer de Spriäker, de Afhörer un so wieder. Dat Ganze is hauchwissenschaftlick un all vön daohiär för Germanisten un Germanistikstudenten helle intressant. Un nich te vergiäten: et giff to düsse Texte ja auk de Tonupnahmen. Well dao also wiederfüörschken will, denn steiht hier heel viël bestet Material te Verfügung. Et is so richtig wat för Studenten un Studeerte.

21 der 48 Bücher sind Sonderbände mit dem Untertitel „Monographien“. Diese Monographien-Bände befassen sich mit ausgesuchten Tonbandaufnahmen des „Deutschen Spracharchivs“. Die Tonaufnahmen sind in (schwer lesbare) phonetische Schrift übertragen worden. Darunter stehen eine hochdeutsche Übersetzung und etliche Anmerkungen zum Text. Vorab gibt es eine ausführliche Einleitung mit Vorbemerkungen über die Tonbandaufnahmen, über die Sprecher, die Abhörer und so weiter. Das Ganze ist hochwissenschaftlich und schon von daher für Germanisten und Germanistikstudenten sehr interessant. Und nicht zu vergessen: es gibt zu diesen Texten ja auch die Tonaufnahmen. Wer da also weiterforschen will, dem steht hier sehr viel bestes Material zur Verfügung. Es ist so richtig was für Studenten und Studierte.

Phonai Band 6 is de iärste Monographien-Sonderband un drägg denn Unnertitel „Monographien 1“.

Phonai Band 6 ist der erste Monographien-Sonderband und trägt den Untertitel „Monographien 1“.

Wat denn Inhalt angeiht: in düt Bok „Phonai Band 6  Monographien 1“ wärd’ 4 Tonbandupnahmen vörstellt. An twedde Stiëde steiht eene Upnahme ut Gleuel (Kreis Köln), an diärde Stiëde eene ut Kriva Bara, Banat (Bulgarien) un an veerte Stiëde eene ut Barossatal (Australien).

Was den Inhalt angeht: in diesem Buch „Phonai Band 6  Monographien 1“ werden 4 Tonbandaufnahmen vorgestellt. An zweiter Stelle steht eine Aufnahme aus Gleuel (Kreis Köln), an dritter Stelle eine aus Kriva Bara, Banat (Bulgarien) und an vierter Stelle eine aus Barossatal (Australien).

Un an iärste Stiëde, an iärste Stiëde steiht de Tonbandupnahme vön August Wegmann ut Riesenbiëck. Upnuommen am 11.06.1959 up Weggm’s Hoff in de Buerschupp Birgte. Schriëben häff dat Ganze (auk denn phonetischken Text) Wolfgang Bethge, de auk de Tonupnahme leitet häff.

Und an erster Stelle, an erster Stelle steht die Tonbandaufnahme von August Wegmann aus Riesenbeck. Aufgenommen am 11.06.1959 auf dem Hof Wegmann in der Bauerschaft Birgte. Geschrieben hat das Ganze (auch den phonetischen Text) Wolfgang Bethge, der auch die Tonaufnahme geleitet hat.

Dat mott man sick äs vörstellen: de alleriärste Dialekt, de in denn alleriärsten Band vön de Monographien-Riege drinsteiht, is dat Riesenbiëckske Platt!

Das muss man sich mal vorstellen: der allererste Dialekt, der im allerersten Band der Monographien-Reihe steht, ist das Riesenbecker Platt!

Dat is doch nu würklick all wat.

Das ist doch jetzt wirklich schon was.

Dat is aower noch nich alles.

Das ist aber noch nicht alles.

Kick man sick nämmlick de 21 Monographien-Bände genauer an, dann fällt eenes in ’t Auge: Plattdütschk kümmp insgesamt jüst ganze   t w e e maol vör. Tweemaol – in 21 Bände, in de üöwer 30 Lokaldialekte vörstellt wärd. De Mannheimer Ümgangsspraoke, Egerländer Mundaorten in Neuseeland, Siedlungspfälzisch in Kanada, dütschke Mundaorten in Slawonien, Kölsch in Wisconsin un wat nich süss noch alles – sowat, dat steiht dao alles drin, aower bie alledem jüst tweemaol Plattdütschk.

Sieht man sich nämlich die 21 Monographien-Bände genauer an, dann fällt eines ins Auge: Plattdeutsch kommt insgesamt nur ganze   z w e i mal vor. Zweimal – in 21 Bänden, in denen über 30 Lokaldialekte vorgestellt werden. Die Mannheimer Umgangssprache, Egerländer Mundarten in Neuseeland, Siedlungspfälzisch in Kanada, deutsche Mundarten in Slawonien, Kölsch in Wisconsin und was nicht sonst noch alles – sowas, das steht da alles drin, aber bei alledem gerade zweimal Plattdeutsch.

Waorüm dat so is? Dat „Institut für Deutsche Sprache“ schreef up miene Anfraoge hen, „dat sick de Kriterien, nao de de daomaligen Rutgiëber de … Texte un daomit de jeweiligen Mundaorten utwählt häbbt, vöndage nao 40-50 Jaohre nich men naovulltrecken laot’. Vermutlick würden … nich noog wissenschaftlick utbildete Autoren funnen, de bereit wäören, plattdütschke Upnahmen … te bearbeiden.“

Warum das so ist? Das „Institut für Deutsche Sprache“ schrieb auf meine Anfrage (hin), „dass sich die Kriterien, nach denen die damaligen Herausgeber die … Texte und damit die jeweiligen Mundarten ausgewählt haben, heute nach 40 – 50 Jahren nicht mehr nachvollziehen lassen. Vermutlich wurden … nicht genug wissenschaftlich ausgebildete Autoren gefunden, die bereit waren, plattdeutsche Aufnahmen … zu bearbeiten.“

Dat magg sien wu et will, jedenfalls kümmp in sämtlicke Monographienbände bloß tweemaol Plattdütschk vör.

Das mag sein wie es will, jedenfalls kommt in sämtlichen Monographienbänden nur zweimal Plattdeutsch vor.

Dat eene is dat Riesenbiëckske Platt in „Phonai Band 6 Monographien Band 1“, dat ännere is dat „Niederdeutsch der Molotschna- und Chortitzamennoniten in British Columbia (Kanada)“ in „Phonai Band 10 Monographien 4“.

Das eine ist das Riesenbecker Platt in „Phonai Band 6 Monographien Band 1“, das andere ist das „Niederdeutsch der Molotschna- und Chortitzamennoniten in British-Columbia (Kanada)“ in „Phonai Band 10 Monographien 4“.

Dütt Mennonitenplatt in British Columbia is, dat kann man nich änners säggen, hauchintressant.

Dieses Mennonitenplatt in British Columbia ist, das kann man nicht anders sagen, hochinteressant.

Dat ännert aower gar nicks daodran, dat praktischk jeder, well sick mit Plattdütschk befasst un sick daoto de Tondokumente ut dat „Deutsche Spracharchiv“ bietreckt, up dat Riesenbiëckske Platt stött. Ick denke, man kann sogar säggen, man kümmp üm dat Riesenbiëckske Platt gar nich ümto.

Das ändert aber gar nichts daran, dass praktisch jeder, der sich mit Plattdeutsch befasst und sich dazu die Tondokumente aus dem „Deutschen Spracharchiv“ heranzieht, auf das Riesenbecker Platt stößt. Ich denke, man kann sogar sagen, man kommt um das Riesenbecker Platt gar nicht herum.

Üm et noch maol te säggen: in düsse 21 Monographien-Bände kümmp eegentlick bloß een eenziget maol Plattdütschk vör, un dat is dat  Riesenbiëckske Platt. Un dat will doch nu würklick wat heiten.

Um es noch einmal zu sagen: in diesen 21 Monographien-Bänden kommt eigentlich nur ein einziges mal Plattdeutsch vor, und das ist das Riesenbecker Platt. Und das will doch nun wirklich was heißen.

Dat gesamte Nordniedersächsischk, Mecklenburgisch-Vorpommersch, Ostfäölischk und Märkisch-Brandenburgischk – alle kuemmt se in de Monographien nich vör. Bloß uese Westfäölischk, vertriäten düör dat Platt, wat bie us in Birgte küert wätt.

Das gesamte Nordniedersächsisch, Mecklenburgisch-Vorpommersch, Ostfälisch und Märkisch-Brandenburgisch – alle kommen sie in den Monographien nicht vor. Nur unser Westfälisch, vertreten durch das Platt, das bei uns in Birgte gesprochen wird.

 

Dat et daoto nu auk noch denn schriftlicken Text ut denn Niemeyer Verlag giff, dat is een ganz besonderen Glücksfall.

Dass es dazu jetzt auch noch den schriftlichen Text aus dem Niemeyer-Verlag gibt, das ist ein ganz besonderer Glücksfall.

Daoto kümmp, dat et vön dat Riesenbiëckske Platt een helle ümfankrieket Wörderbok un eene vullständige Grammatik giff. Auk dat is eenzigartig in’t Mönsterland.

Dazu kommt, dass es vom Riesenbecker Platt ein sehr umfangreiches Wörterbuch und eine vollständige Grammatik gibt. Auch das ist einzigartig im Münsterland.

Nao miener Meinung draff ick würklick säggen, dat mien Riesenbiëckske Platt, dat dat würklick wat ganz wat Extras is.

[veröffentlicht im Jahrbuch für den Kreis Steinfurt 2017, S. 197]

Meiner Meinung nach darf ich wirklich sagen, dass mein Riesenbecker Platt, dass das was ganz Besonderes ist.