Sachtexte – August Wegmann – Tondokument / Transkription
August Wegmann
Tondokument von 1959
Übertragen von Rudolf Averbeck nach dem Tondokument des Archivs für Gesprochenes Deutsch, Mannheim
Vorbemerkung:
Diese Übertragung ist weitgehend an der tatsächlichen Aussprache von August Wegmann orientiert, wobei sie sich der allgemein üblichen Wibbelt-ähnlichen Schreibweise des Münsterländer Platt bedient. August Wegmann spricht älteres Riesenbecker Platt, wie es in einigen Punkten heute nicht mehr gebräuchlich ist, außerdem verwendet er gelegentlich hochdeutsche Wörter.
Mit freundlicher Genehmigung des „Archivs für gesprochenes Deutsch“ in Mannheim darf die Tonaufnahme von August Wegmann aus dem Jahr 1959 (Quelle: Korpus Deutsche Mundarten: Zwirner-Korpus) in unsere Homepage eingebaut werden. Dafür bedanken wir uns ganz herzlich.
Das „Archiv für gesprochenes Deutsch“ bat darum, alle vorkommenden Eigennamen unkenntlich zu machen. Wir haben daher im Tondokument alle vorkommenden Namen ausgeschnitten; in der schriftlichen Transkription haben wir die Namen durch „[N.N.]“ ersetzt.
Äs ick achteihnhunnertachtenniëgenzig nao Ibbenbürn nao de Rektoratsschol(e) hengöng, dao wass dat för mi iärste gar nich so eenfach, un dat wass ‘n Glück, dat [N.N.], mien Vetter, dat de daomoss hall ubb ‘e Oberterzja wass, un dat iärste Jaohr mit mie gaohn is. Wi tröffen us immer buom up ‘n Biärge, un dann möken wi us so ‘n Teeken, dat wi wüssen, wann wi dao hall hengaohn wassen, un dann fleit’n wi ‘n bittken un dann käöm‘ wi bi’neener, un dann göng‘ wi denn Wegg. Un dann unnerweggs, dann haorde he mi dat Latien hall aff, un dann moss ick konjugiern un dekliniern un de(n) lessten Formeln upsäggen, un dat häff mi guet daon, un da(nn) duerde dat gar nich lange, dao was ick üöwer de iärsten Schwierigkeiten daorüöwer. Un naomeddags, wenn wi wier nao Huus hen göngen, dann wass datsölwige, dann frögg he „Ja, wat hä‘ gie dann vöndage hatt?“- „Ja, dütt un dat.“ „Ja, dann vertäll mi dat äs.“ Un daodüör prägede sick dat schön in. Wat ick nich richtig begriëpen ha‘, erklärde he mi. Un dann mangs bleef he staohn, und dann sägg he: „Hier, so, dao is dat Dreieck: A, B, C. Winkel Alpha, Beta, Gamma. So, nu fank äs an. Föehr denn Bewies äs düör. Un dat wass denn ‘ne ganze schöne Wiederholung, un wenn ick tohuus ankaim, dann bruuk‘ ick dat hall nich mähr te lärn, dann bruukd‘ ‘ick de bloß no‘ de schriftlickten Arbeiten maken.
Aower man verleip doch jeden Dagg drei Stunn‘n Tiet demit. Ick häff trotzdem, (jüst) äs [N.N.], nich eenen Dagg feihlt, off dat riängede oder schnieëde oder kaolt wass, dat mök nicks ut.
Un – ick weet noch eenmaol, dao passeerede mi ‘t, in ‘t iärste Jaohr, wat Drolliges. Dao hadd‘ ick so ‘n Lämpken hier vüör drin hangen, so, äs de Iesenbahner dat fröher haddn, un dat weihede mi ut, un dat schnieëde un driëwelde un wass so dicke Luft, un buom an ‘n Biärge, mott (? = wass?) dat, gerade de (? = wao?) denn Afsturz kaim, dao häww ick dann in ‘n Düstern denn Wegg verpasst un up maol – holtredipolter! – sin ick herunterkullert, rüöwer runner bis unn‘n in ‘et Tal. Donnerkittkn nao maol! Äs ick unnern lagg, dacht ick: „Kopp sitt dran.“, probeerde, Arms un Beene satten de auck all an, Tornister höng dann auk up ‘n Puckel. – also, et was alles guet gaohn. So ‘n paar Bümse kann m‘ wull verdriägen, so ‘n richtigen mönsterlännschen Dickkopp, de verdrägg hall wat. Män nu, et wass stickndüster, nu moss ick seihn, nao wat för ‘ne Siete äs ick wier in ‘e Höchte kaim, un dao häff ick de verkährte Siete troffen, dao kaim ick nao de änner Siete in ‘e Höchte, dat is tüschken de beiden Biärge, de gaoht so in ‘e Höchte. Un dao wass ‘t verkährt. Tüschkn de Baime, na äs ‘t etwas lechter würd, dao fünd ick mi dann trechter, un kaim dann düör denn haugen Schnee nao Ibbenbürn henstiëwelt, so ‘n twiälfjäöhrigen Dott, nich. Un dao frögg de Lährer, et wass [N.N.], „Junge, wo kommst du denn so spät her?“ – Ick sägg: „Ja, ich bin vom Berg heruntergefallen.“ Un dao häbbt de annern furchtbar Pläseer an hatt, dat ick vön Biärg herunnerfallen wass. Un dao moss ick de ganze Geschichte vertällen.
Na, dat wass ja doch äs wier äs helle schön.
Aower süss hä‘ wi auk viël Pläseer hatt unnerweggs. Manges hadd‘ ick, gönk ick auk ‘n ännern Wegg hier an ‘e Kaiserie, dat is hier düör Ibben-, … wu hett de Buerschupp, Schierle, ja, un da wass denn [N.N.] un [N.N.] ut … von Suernbuerg un süss noch wull äs een‘ off annern un dann kann m‘ sick dat denken , so veere, fiewe Junges , wat dann so diärteihn, vetteihn Jaohr is, wat de so anstellen küennt, dat wass hiärrlick. Ja, dao häwwick miene Jaohren so afmaket.
Aower manges wass ‘t ja auk etwas schwieriger för mi, zum Beispiel, wenn dat Düörsken in ‘n Hiärfste losgönk. Dann sägg uese Vadder, fief Uhr mossen wi unner sien. Un dann gönk ‘t an ‘t Düörsken, twee Tourn, jedemaol ‘ne halwe Stunde. Un wenn ‘t dann sess Uhr wass, dann sägg ‘e: „So Junge, nu mak män gawwe an, wasch di, un dann Abmarsch nao Ibbenbürn!“ Dann hadd‘ ick all eene Stunde düörskn holpen, un dann mök ick mi ännerthalf Stunde up ‘n Wegg nao Ibbenbürn, un wenn ick dann so üm teihn Minuten vör achte dao ankaim, dann steiht dao bestimmt all eener oder ‘n annern, de sägg: „Du August, lass mal eben abschreiben. Hast du denn Mathese (? = Mathe?) schon fertig?“ Ja, dat wass so ut de Ibbenbürnsken Jaohren, ne?
Un dann naochiär sin ick dann up de Präparandie kuemmen, in Langnhuorst (?), un Lähre, un in‘t Seminar in Warnduorp, dao dann sin ick Lährer wurden, un dann iärst in Greiben, in ‘e Buerschupp, ännerthalf Stunden wiet vön ‘t Pfarrduorp (?), dao in ‘e Wölder, Bockholt, Böken Holt, un dao gönken sessenniëgenzig Kinder nao de Schole, lüttke un kleine, all te glieke Tiet, lüttke un graude, all te glieke Tiet, dat wass aower ‘n Schwung. Na, dao is ‘t mi ‘t doch iärst manges hellske benaut wurden. Män mit de Tiet häff ick dat auk lährt. Dat naichste Jaohr wassen ‘t achtnniëgenzig Kinner, dat nächste Jaohr wassen ‘t hunnerttweeë, un dat folgnde Jaohr wassen ‘t hunnertveere. Un dann kaim eenes Dages de Regierungsdirektor, un der Regierungsmedizinalrat un der Regierungsraot un de Scholraot un de Herr Bürgermeister von Grevn un de Pastor. Un dann häbbt se sich dat anhaort ‘ne halwe Stunde bi mi wu ick dat mit denn ganzen Chor mök un dann sägg de Regierungsdirektor: „So kanns aber nicht weitergehn. Meine Herren, wenn Sie nicht eine neue Schule bauen hier, dann bau ich se für Sie, aber Sie bezahlen sie, darauf verlassen Se sich!“ Un dao gönk et. ‘n half Jaohr later ha’n se de nieë Schole in Guntrup bauet. Un ick gaif de Hälfte af un ha‘ bloß noch acht‘nfüfftig Kinner un dachte baol: “Junge, Junge, dat is ‘n Schöleken!“
Ja, un dann eenes Dages häff mi de Scholraot nao Mönster hen halt. Un dann sin ick up de Domknabenschole anfangen, an ‘n Dom, dao wass ‘ne gymnasiale Vorschole mit veer Klassen. Tja, un dann nao ‘n Krieg wüerd dat uphuoben, dann sin ‘k an ‘e Volksschole gaohn un dao sin ‘ck dann so bis niëgenteihnhunnerteen’nfüfftig bi bliëben.
…
Aower bi us an de Domknabenschole, dao würd jüst so streng un stramm unterrichtet, un ick mott sogar säggen, de Eltern, de höllden so exakt un genau drupp, dat iähre Kinder de Hausarbeiten möken, dat de lären, dao brukte ick bloß in dat Heft ‘ne kleine Bemiärkung maken, dat se so …un dao wat feihlt häff, dann würd dao aower sofort Afstand nuommen. Ick hadd‘ zum Beispiël immer Kinners, Junges vön de Proffesssorn vön Uni dao, ne, un eenes Dages, dao kamm de Regierungspräsident, dat wass de [N.N.], dat wass, et wass, ähm, an, ähm, wu hett et noch, Dienstag nao Fastnacht, muorns, weet ‘ck nu noch genau, [N.N.] un [N.N.], un dao würd gar kinn Unnerscheid makt, de würden genau so stramm würden de erzogen, dat verlangt de Eltern, grad düsse Lüde, de verlanget: „Unsere Kinder sollen was lernen, die sollen sich anständig aufführen.“ Häbb ick nie de geringste Schwierigkeit mit Disziplin oder mit Lärn‘ hatt.“ Man kann aower nich säggen, dat dat ‘ne Bevorzugung wass, de mossen Muonat för Muonat twintig Mark betahlen. Dat was also – ‘ne gymnasiale Vorschule, also unn(er) ‘n Kuratorjum vön ‘n Dom. … Ja, ja, ja im Grunde genomm‘ wass dat ‘ne private Schole, nich, also, . dat wass, is de Grundschule des Paulinums – und damit also auch die älteste Schule des Bistums. Paulinum ist die älteste Gymnasium von – in Nordrhein Westfalen.
… Ja, kann sein, weiß nicht äs – 792.
[Wochentage]
Sunndagg, Maondagg, Diensdagg, Gunnsdagg, Donnersdagg, Friedagg, Saoterdagg.
[Zahlen von eins bis zehn]
Een, twee, drei, veer, fief, sess siëm, acht, niëgen, teihn.
Bild: August Wegmann
Quellennachweis:
Bild: Familie Wegmann, Birgte (Foto: Rudolf Averbeck)