Sachtexte – “A. Wegmann – Der Heimatforscher”
Nachtrag zu August Wegmann
August Wegmann war beileibe nicht nur wegen der Tonaufzeichnungen von 1959 eine bemerkenswerte Riesenbecker Persönlichkeit; vielmehr war er ein angesehener und versierter Heimatforscher, von dessen Arbeit noch heute Historiker und Ahnenforscher profitieren.
Geboren wurde er am 16.06.1886 in Birgte als Sohn des Landwirts Anton Wegmann und Maria geb. Schnellebrinck.
Ab 1892 besuchte er die Volksschule in Birgte, danach ab 1898 die Rektoratsschule in Ibbenbüren. Nach dem Besuch der Lehrerpräparandie zu Langenhorst (ab 1902) und des Lehrerseminars in Warendorf (ab 1904) trat er 1907 seine erste Lehrerstelle in einer kleinen Bauerschaftsschule in Bockholt bei Greven an. 1913 wurde er an die Knaben-Domschule nach Münster berufen.
Ab 1915 war er Kriegsteilnehmer bei der Artillerie, wo er an den Fronten in Russland und Frankreich kämpfte. Während seines schnellen Aufstiegs zum Offizier zeigte er sich von einer erfinderischen Seite: schon als Gefreiter baute er eine Fernsprechtafel mit 18 Anschlüssen, die so effektiv war, dass sie kurzfristig in den drei Divisionen seiner Heeresgruppe allgemein eingeführt wurde.
Als Unteroffizier entwickelte er für einen verbreiteten älteren (und leider recht schwerfälligen) Kanonentyp eine leichte Drehlafette, die das Nachladen beschleunigte und einen erheblich schnelleren Zielwechsel ermöglichte. Diese Drehlafette war entscheidend dafür, dass der Durchbruchversuch eines Kosakenregimentes in sumpfigem Gelände vernichtend zurückgeschlagen werden konnte.
Als Feldwebel und Leutnant baute er zusammen mit einem Ingenieur eine große Schirmantenne, mit der sie von Russland aus Morsenachrichten vom Eiffelturm sowie aus London, Moskau, Mailand und Sophia mithören konnten.
Am 14.08.1919 heiratete er Clementine Burlage (gestorben 10.10.1931). Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor: Maria (1920) und Hildegard (1924).
Bis 1924 war er in Münster an der Aegidii-Schule tätig, 1924 – 1945 an der Antoniusschule, wo er auch Rektor wurde. Von 1946 bis zur Pensionierung 1951 leitete er die Geistschule.
Über die Schul- und Berufsjahre ab 1898 erzählte er 1959 in der Tonaufnahme.
Jahrzehntelang war er in der Lehrerfortbildung tätig. Im Auftrag des katholischen Lehrerverbandes gehörte er zu den Mitbegründern des Deutschen Instituts für wissenschaftliche Pädagogik.
Außerdem gehörte er zum Gründerkreis der Droste-Gesellschaft.
Ein Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit lag im religiösen Bereich. So erforschte er das Leben Jesu anhand jüdischer, heidnischer und christlicher Quellen, arbeitete an der Erstellung moderner Katechismen und katholischer Lesebücher mit und erteilte jahrelang bei den Canisianer-Brüdern Religionsunterricht. Für dieses vielfältige Engagement wurde er 1962 mit dem päpstlichen Orden „Pro Ecclesia et Pontifice“ ausgezeichnet.
In Riesenbeck hat er insbesondere als Heimatforscher Spuren hinterlassen. Bei der Arbeit in alten Kirchenbüchern stieß er schnell darauf, dass wichtige Daten (z.B. von Geburten, Trauungen, Sterbefällen) früher nicht – wie heute – mit dem konkreten Kalenderdatum, sondern mit Bezug zum jeweiligen Kirchensonntag angegeben wurden. Diese aber schwanken von Jahr zu Jahr, da sie von den jeweiligen Mondphasen abhängig sind. So fällt z.B. Ostern immer auf den Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling. August Wegmann entwickelte eine von Fachleuten anerkannte Tabelle, in der von 1592 (Beginn des Gregorianischen Kalenders) bis 2200 alle kalendarischen Ostertage eingetragen sind. Auf dieser Basis lassen sich leicht konkrete Kalenderdaten ermitteln – eine ungeheure Erleichterung für Ahnenforscher und andere Archivnutzer.
In jahrzehntelanger Arbeit schrieb er die Riesenbecker Kirchenbücher (die zu den ältesten des Bistums gehören) und andere Archivquellen ab, wobei er die kalendarischen Daten errechnete und die Daten in Listen sortierte (Tauf-, Heirats-, Sterberegister). Diese umfangreiche Ausarbeitung umfasste „fünfzehn ansehnliche Bände“, die er als „Stiftung Riesenbeck – Wegmann“ an das Bistumsarchiv Münster übergab, um sie für die Zukunft zu erhalten und sie Interessierten zugänglich zu machen.
Unter dem Titel „August Wegmann – Urkunden, Kirchenbücher und Schatzungslisten des ehemaligen Kirchspiels Riesenbeck“ hat der Heimatverein Riesenbeck e.V. ein Quellenbuch über August Wegmann veröffentlicht, in dem zahlreiche Texte, Abschriften und Listen von August Wegmann aufgeführt sind. Dieses Buch wurde in sehr kleiner Auflage 2006 herausgegeben und ist leider vergriffen.
August Wegmann gehört zweifellos zu den bemerkenswerten Persönlichkeiten der Riesenbecker Ortsgeschichte. Er verdient es, nicht vergessen zu werden.
Foto: Bistumsarchiv Münster